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  1. Was ist ein Nachteilsausgleich?

Nachteilsausgleiche zielen darauf ab, Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen, chronischen Erkrankungen und/oder Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung durch gezielte Hilfestellungen in die Lage zu versetzen, ihre Fähigkeiten im Hinblick auf die gestellten Anforderungen nachzuweisen. Diese Hilfen und Unterstützungsmaßnahmen werden als Nachteilsausgleiche bezeichnet. Dabei ist der individuellen Benachteiligung angemessen Rechnung zu tragen, ohne dass das Anspruchsniveau der Leistungsanforderungen und damit der Anspruch an die Qualität des Ergebnisses geringer bemessen werden.

  1. Wer kann einen Nachteilsausgleich erhalten?

Schülerinnen und Schülern, die zielgleich unterrichtet werden,

  1. mit einer Behinderung
  2. mit einer langfristigen, chronischen Erkrankung oder Beeinträchtigung wie LRS (fachärztliche Diagnose)
  3. mit (durch die Schulaufsicht) festgestelltem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf
  4. mit einer aktuellen, ärztlich attestierten Beeinträchtigung (z. B. Armbruch,)

Aktuelle, fachärztliche Diagnosen müssen der Schulleitung in jedem Fall vor der Beantragung eines Nachteilsausgleichs vorliegen. Eine attestierte Beeinträchtigung bringt nicht automatisch einen Nachteilsausgleich mit sich, sondern immer ist die fachlich-pädagogische Einschätzung maßgeblich.

  1. Wie kann ein Nachteilsausgleich gewährt werden?

Ein Nachteilsausgleich ist eine Kompensation einer individuellen Einschränkung und hebt auf den konkreten Einzelfall ab, zu dem keine generellen Aussagen gemacht werden können. Immer ist das pädagogische Ermessen in Abwägung der Notwendigkeiten des Nachteilsausgleichs und der fachlichen Anforderungen zu beachten.

Nachteilsausgleiche beziehen sich in der Regel auf die Veränderung äußerer Bedingungen:

zeitlich

Verlängerung von Vorbereitungs-, Pausen- und Arbeitszeiten

technisch

Bereitstellung besonderer technischer Hilfsmittel

räumlich

Gewährung besonderer räumlicher Bedingungen, einer besonderen Arbeitsplatzorganisation, Nutzung eines separaten Raums

personell

Assistenz, z. B. bei der Arbeitsorganisation

  1. Verfahren zum Antrag und zur Durchführung des Nachteilsausgleichs (NTA) in der Sekundarstufe I

    Die Eltern oder Lehrkräfte beantragen schriftlich, aber formlos den Nachteilsausgleich vor der nächsten Klassenkonferenz bei der Schulleitung.
    1. Anträge für Kinder bei denen ein Verfahren nach AO-SF zur sonderpädagogischen Unterstützung abgeschlossen ist, sind einzureichen bei dem Inklusionskoordinator Herrn Toni Zierer (Kontakt: hier).
    2. Für alle anderen Kinder sind Anträge auf NTA in den Klassen 5/6 einzureichen bei der zuständigen Lehrkraft Frau Silke Rosenboom ((Kontakt: hier)) bzw. für die Klassen 7-9 bei Frau Ruth Bisterfeld (Kontakt: hier).

Bis zur nächsten Klassenkonferenz (Zeugniskonferenz/Erprobungsstufenkonferenz) erteilt der Schulleiter nach Absprache mit der/den Fachlehrkräften/Klassenleitung und Sonderpädagogen vorläufig den Nachteilsausgleich mit einer Kurzanweisung, wie der Nachteilsausgleich gehandhabt werden soll.

Der vorläufige NTA wird in der Schülerakte dokumentiert und die Lehrkräfte sowie die Eltern und der/die Schüler/in werden über die vorläufige Gewährung informiert.

Die nächste Zeugnis-/Erprobungsstufenkonferenz berät in Abstimmung mit der jeweiligen Schülerin oder dem jeweiligen Schüler und den Eltern über den zu gewährenden Nachteilsausgleich. Der Antrag und das Votum der Konferenz sind der Schulleitung zur Entscheidung vorzulegen. In Zweifelsfällen ist die Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde einzuholen.

Erneute Mitteilung zur endgültigen Entscheidung über den NTA an den/die Schüler/in und die Eltern.

Im Normalfall ist der Nachteilsausgleich gültig bis zum Ende eines Schuljahres. Nachteilsausgleiche sind jährlich neu zu Beginn jedes Schuljahres in der ersten vollen Schulwoche (Ausschlussfrist) bei der Schulleitung zu beantragen.

Der Antrag umfasst in jedem Fall

a) einen formlosen Antrag,

b) ein fachärztliches Attest (außer, wenn ein AO-SF vorliegt, der AO-SF Bescheid kann das fachärztliche Gutachten ersetzen) und

c) bei LRS eine Therapiebescheinigung.

Bei chronischen Störungen reicht es oftmals aus, auf ein bereits eingereichtes Attest zu verweisen.

Rechtlich nicht möglich ist ein Nachteilsausgleich bei

a) Dyskalkulie und

b) AD(H)S.

Unabhängig von der Frage der Nachteilsausgleiche ist die Durchführung von schulischen und außerschulischen Fördermaßnahmen zu prüfen.

In besonders begründeten Einzelfällen können für eine Schülerin oder einen Schüler, wenn zusätzliche Fördermaßnahmen erforderlich sind und eine Behebung der Lese-Rechtschreib-Schwäche bis zum Ende der der Klasse 6 nicht möglich war, Nachteilsausgleiche auch noch bis zum Ende der Klasse 10 bzw. der Klasse 9 des verkürzten gymnasialen Bildungsgangs gewährt werden. Grundlage hierfür ist der Erlass zur Förderung von Schülerinnen und Schüler bei besonderen Schwierigkeiten im Erlernen des Lesens und Rechtschreibens, LRS-Erlass (BASS 14 - 01 Nr. 1).

Unter der Voraussetzung der Anwendung von NTA in den vorherigen Jahrgängen besteht die Möglichkeit der Gewährung von NTA bei zentralen Prüfungen durch die Schulleitung.

In der Regel nehmen zielgleich unterrichtete SuS an den Lernstandserhebungen Klasse 8 sowie den Zentralen Prüfungen Klasse 10 teil. Für die Förderschwerpunkte „Hören und Kommunikation“, „Sehen“ und „Sprache“ werden modifizierte Testhefte bei der Lernstandserhebung Klasse 8 zur Verfügung gestellt. Für jede Schülerin bzw. jeden Schüler muss geprüft werden, ob die modifizierten Aufgaben erforderlich sind. Bei der ZP10 stehen modifizierte Prüfungsaufgaben in den Förderschwerpunkten „Hören und Kommunikation“, „Sehen“ oder „Sprache“ sowie den entsprechenden Behinderungen zur Verfügung, unter bestimmten Bedingungen auch bei Autismus-Spektrum-Störungen.

  1. Nachteilsausgleiche in der Sekundarstufe II

Der grundsätzliche Anspruch auf Nachteilsausgleich besteht für die betroffenen Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe II unverändert fort. In der Sekundarstufe I gewährte Nachteilsausgleiche müssen nicht unbedingt mit Eintritt in die gymnasiale Oberstufe neu beantragt werden, sofern sie nicht auf eine akute Einschränkung bezogen waren. Allerdings werden im Hinblick auf die für die Abiturprüfung rechtlich veränderten Bedingungen die Nachteilsausgleiche aus der Sekundarstufe I hinsichtlich der Bildungsziele der Gymnasialen Oberstufe zu Beginn der Einführungsphase und ggf. im weiteren Verlauf des Bildungsgangs überprüft, insbesondere perspektivisch hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit im Rahmen der Abiturprüfung.

Die Entscheidung über Bewilligung, Art und Umfang von Nachteilsausgleichen über die gesamte gymnasiale Oberstufe wie in der Sekundarstufe I obliegt der Schulleitung. Anträge auf Nachteilsausgleich sind zu stellen beim Oberstufenkoordinator Herrn Matthias Bauer (Kontakt: hier). Für das Abitur kann ein Nachteilsausgleich gewährt werden, wenn die Schule dokumentiert hat, dass für die Schülerin oder den Schüler auch bereits vorab dieser individuelle Nachteilsausgleich gewährt und belegt wurde. Für die Gewährung des individuellen Nachteilsausgleichs im Abitur ist die Bezirksregierung als obere Schulaufsichtsbehörde zuständig.

Bei der Gewährung eines Nachteilsausgleichs im Falle einer „schweren Beeinträchtigung des Lesens und Rechtschreibens“ gemäß § 13 Abs. 7 APO-GOSt ist zu beachten, dass der sogenannte LRS-Erlass zwar grundsätzlich für alle Schulstufen gilt, in Bezug auf „4.1. Schriftliche Arbeiten und Übungen“ in der Sekundarstufe II jedoch keine Anwendung findet. Ein Nachteilsausgleich beschränkt sich daher in diesen Fällen in der Regel auf eine Zeitzugabe.

Quellen:

Arbeitshilfe: Gewährung von Nachteilsausgleichen in der Sekundarstufe I. Ministerium für Schule und Bildung NRW, Stand Juli 2017

Arbeitshilfe: Gewährung von Nachteilsausgleichen in der Gymnasialen Oberstufe. Ministerium für Schule und Bildung NRW, Stand Juli 2017

Arbeitshilfe Nachteilsausgleich, Schulamt für die Stadt Köln, 2016-04

Praktische Umsetzung des Nachteilsausgleichs am Hildegard-von-Bingen-Gymnasium Twistringen

Inklusionsbaustein 3 EvT, Heiko Seiffert. 2017-08

Rechtliche Grundlagen (auszugsweise):

AO-SF §21 Abs. 8

(8) Die Klassenkonferenz kann aus zwingenden pädagogischen Gründen im Einzelfall von den §§ 23 bis 42 dieser Verordnung sowie von den Vorschriften der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen der allgemeinen Schulen über Leistungsbewertungen, Zeugnisse und Versetzungen abweichen, wenn gewährleistet bleibt, dass die erwar­teten Lernergebnisse (Bildungsstandards) eingehalten werden und die Schülerin oder der Schüler auf diesem Weg das Ziel des Bildungs­gangs erreichen kann.

APO-GOSt - §13 Absatz 7

Soweit es die Behinderung (…) einer Schülerin oder eines Schülers erfordert, kann die Schulleiterin oder der Schulleiter Vorbereitungszeiten und Prüfungszeiten angemessen verlängern (…). Die fachlichen Leistungsanforderungen bei Abschlüssen und Berechtigungen bleiben

unberührt.

VV zu APO-GOSt - §13 Absatz 7

Entscheidungen über Ausnahmen von Verfahren bei schriftlichen Prüfungen mit landeseinheitlichen zentral gestellten Aufgaben trifft die obere Schulaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der obersten Schulaufsichtsbehörde.

Auszug aus dem Kommentar zur APO-GOSt - §13 Absatz 7 (Wingen-Verlag Essen)

Der Begriff Behinderung hat zur Voraussetzung, dass der Schüler intellektuell in der Lage ist, sich der Prüfung zu stellen, jedoch auf Grund eingeschränkter körperlicher Fähigkeiten veränderte Rahmenbedingungen benötigt. Häufig vorkommende Erleichterungen sind Zeitverlängerungen und/oder Schreibhilfen für Schüler, die in ihren körperlichen Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt bzw. seh- oder hörgeschädigt sind.

Der Begriff der Behinderung ist eng auszulegen. Psychische Beeinträchtigungen, Beeinträchtigungen durch Medikamente, Drogenabhängigkeit usw. sind damit nicht gemeint. Eine durch die Stelle formal festgestellte Behinderung (GdB von mind. 20) ist dagegen nicht notwendig, auch nur vorübergehende körperliche Beeinträchtigungen können Sonderreglungen rechtfertigen. Bei der Frage, welche Sonderreglung zulässig ist, ist immer Art, Umfang und Dauer der Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Ausnahmsweise können fehlende Klausuren auch durch entsprechende intensive mündliche Leistungsfeststellungen kompensiert werden. Grundlage für die Entscheidung, ob Sonderreglungen zulässig sind, sollte im Übrigen immer ein höchstens 6 Monate altes fachärztliches Attest mit entsprechenden Regelungsvorschlägen sein.